Schwerpunktbericht des DJI: Analyse zur Wirksamkeit der direkten Distanzierungsberatung im Bereich Rechtsextremismus und islamistischer Extremismus
Seit Anfang dieses Jahres ist der Schwerpunktbericht des Deutschen Jugendinstituts e.V. veröffentlicht. Carmen Figlestahler und Katja Schau untersuchten im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Bundesprogramms Demokratie leben! in der Förderphase 2020 bis 2024 die Wirksamkeit der direkten Distanzierungsberatung im Bereich Rechtsextremismus. Konkret sind sie der Frage nachgegangen: „Was wirkt wie und warum?“, wobei die direkte Distanzierungsberatung im Bereich Rechtsextremismus und islamistischer Extremismus und ihre Wirksamkeit bei sich distanzierenden Adressat*innen untersucht werden sollte. Auch NinA NRW war Teil dieser Untersuchung, die relevantesten Ergebnisse sollen hier vorgestellt werden. In diesem Zuge wurden je Phänomenbereich 4 Interviews durchgeführt. Zentral waren hier einzelfallorientierte Beratungen von Menschen im fortgeschrittenen Radikalisierungsprozess unter der Fragestellung: „Was wirkt in der Distanzierungsarbeit wie, beim wem und unter welchen Bedingungen.
Die Adressat*innen gaben übereinstimmend an, dass sie ihren Ausstieg und die Distanzierung ohne die Begleitung nicht geschafft hätten. Zentrale Aspekte für die Adressat*innen waren Verlässlichkeit, das Zugeständnis auf Veränderung und das Spezialwissen der Berater*innen in Bezug auf die nächsten Schritte im Prozess. Das generelle Sprechen über inhaltlich-ideologische Veränderungen und lebensweltliche Aspekte hätte Wirkung gezeigt und die Adressat*innen offener für Neues gemacht und Reflexions-, sowie Akzeptanzmomente befördert. Konkret hat die Beratung bei den Adressat*innen zudem zu einer Reduktion von Gewalt, dem Hinterfragen von Medienberichten und einer Abkehr von Szenekontakten geführt, die in einem Fall auch zu einer Stabilisierung der eigenen Lebensverhältnisse verholfen hat.
Was hat laut der DJI-Studie aus beraterischer Sicht Wirkung gezeigt?
- Die transparente Kommunikation von Zielen und Beratungsrahmen schafft Vertrauen.
- Die identitätsbezogene Biografiearbeit im Kontext konkreter Veränderungsimpulse ermöglicht eine „selbstwerterhaltend[e] und zugleich selbstkritisch[e]“ Einordnung der eigenen Biografie.
- Für die Aufarbeitung der Ideologie ist eine „kritisch-zugewandte Differenzgestaltung zentral.“
- „Autonomieorientierte Loslösungsprozesse“ helfen effektiv beim Suchen einer neuen Lebensgestaltung und fördern die selbstständige Suche nach neuen Sozialkontakten.
- Die Unterstützung bei der Alltagsbewältigung ist zentral für eine „bedarfsabhängige Stabilisierung der Lebenssituationen“ (z.B. Unterstützung bei Wohnortwechsel).
Direkte Handlungsempfehlungen für die beraterische Arbeit
- Transparenz
- Feldübergreifender Austausch zur Balance der kritisch-zugewandte Haltung
- Fehlerfreundlicher Umgang im Team
- Kritisches Hinterfragen der Beziehungsgestaltung mit Klient*innen und Ausloten von Alternativen
- Arbeit im Tandem
- Fachliche Weiterbildungen
Projektverantwortliche sind angehalten ausreichend Ressourcen für kollegiale Fallberatung und Supervisionen bereitzustellen. Zudem wurde festgestellt das eine etablierte Reflexionskultur im Träger hilfreich ist für die konkrete Arbeit.
Bedeutung der Ergebnisse für die Arbeit von NinA NRW
Für NinA NRW haben die Ergebnisse auf zwei Ebenen Bedeutung: Erstens sehen wir uns bestärkt in der allgemeinen Konzeption unseres Projekts wie auch der konkreten Beratung und Teamprozessen. Zweitens nehmen wir die Ergebnisse als Impuls unsere Beratungsbeziehungen, Haltung und teaminterne Prozesse kontinuierlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Das kann nur durch auskömmliche Finanzierung gewährleistet werden.
Die vollständige Studie findet Sie hier.